Ministerpräsident Stephan Weil ist seit 50 Jahren 96-Fan. Im Künstlerhaus hat er jetzt erzählt, warum das so ist – und welche elf Spieler seinem Dream-Team aus fünf Jahrzehnten angehören würden. Im Publikum wurde dabei für die Weihnachtshilfe gesammelt.
Stephan Weil ist ein Roter – das gilt sowohl für die Farbe der Partei, der der niedersächsische Ministerpräsident angehört, als auch für den Fußballverein, mit dem er mitfiebert. Vor 50 oder 51 Jahren (ganz genau weiß er es nicht mehr) hat er mit seinem Vater zum ersten Mal ein Heimspiel von Hannover 96 besucht. „Es war an einem steinkalten Wintertag gegen 1860 München. Danach bin ich emotional nicht mehr davon weggekommen“, sagt er.
Weil war Gast im Künstlerhaus, wo eine Gesprächsreihe über Fußballkult und -kultur mit ihm ihr Finale erlebte. Moderator Jan Sedelies bombardierte ihn mit 100 Fragen, der Ministerpräsident hatte 100 Antworten. Zum Beispiel, was für ihn der Besuch bei den Roten im Stadion ausmacht: „Es gibt keinen Ort, wo ich mich mehr geärgert habe. Ich gehe dahin mit der Erwartung, bitterlich enttäuscht zu werden – und dann oft nach Hause mit dem Gefühl, etwas Tolles erlebt zu haben“.
Die Zuhörer im Künstlerhaus wissen jetzt, dass der Ministerpräsident vor den Spielen in den VIP-Bereich geht, aber rechtzeitig vor Anpfiff zu seinem Stammplatz auf die Westtribüne wechselt. Er trägt keine Fankluft, singt aber die Vereinshymne „Alte Liebe“ mit – „und zwar alle drei Strophen“. Das „ganze Gedöns nebenher“, also ausuferndes Stadion-Entertainment, braucht er nicht. Das Dauergequatsche über Fußball in sogenannten Expertenrunden „geht mir auf den Puffer“, sagt er. Dass Eintracht Braunschweig gerade in der Krise steckt, tut ihm leid: „Jede Rivalität mit dem Nachbarn im Osten wird ohnehin übertroffen durch einen Heimsieg gegen Bayern München“.
Den Dauermeister aus dem Süden mag Weil anscheinend nicht so besonders, Stichwort Dominanz: „Unter diesem Aspekt kann ich einer europäischen Superliga etwas abgewinnen. Die Bundesliga würde interessanter, wenn die Bayern sich dorthin verabschiedeten“. Die um sich greifende Kommerzialisierung des Fußballs sieht er mit Skepsis, sagt aber auch: „Wenn man der Auffassung ist, man will Spitzensport, dann braucht man viel Geld“.
Weil hat selbst mal bei den Knaben – so hieß das damals – von Hannover 96 gekickt, später bei TuS Rostock und bei Eintracht Hannover. „Man hat mein Talent nicht entdeckt“, sagt er. So blieb der Höhepunkt seiner aktiven Karriere ein Aufstieg von der vierten in die dritte Kreisklasse. Trotzdem geht für ihn nichts über das Gefühl, das entsteht, „wenn man einen Ball unter die Latte nagelt“. Politiker könne sich bei Fußballern abschauen, wie man sich nicht nur vom Kopf leiten, sondern auch von Emotionen tragen lässt.
Vor einigen Wochen hat Weil – „es muss der dritte Tag einer Sitzungswoche des Landtags gewesen sein, und das Geschehen im Parlament war gerade langweilig“ – mal überlegt, wie wohl seine Allzeit-96-Traummannschaft aussehen würde. Ergebnis: Robert Enke stünde im Tor, in der Abwehr spielten Rainer Stiller, Georg Damjanoff und Per Mertesacker. Die Mittelfeldformation bestünde aus Hans Siemensmeyer, Milos Djelmas, Jiri Stajner und Jan Simak, der Angriff aus Dieter Schatzschneider, Frank Hartmann und Walter Rodekamp. Das bildet 50 Jahre Fandasein ganz gut ab.
Vor Ort wurde im Publikum zudem für die HAZ-Weihnachtshilfe gesammelt – die Spendensammlung für Menschen in Not vor Ort.
Von Bernd Haase